Abschreibungen im Anlagevermögen werden durch den § 204 UGB geregelt. § 204 Abs. 1 UGB beschreibt die grundsätzlichen Bewertungsregeln für abnutzbares Anlagevermögen, sprich die planmäßige Abschreibung. § 204 Abs. 1a UGB wiederum verweist auf die Möglichkeit der Vollabschreibung von geringwertigen Vermögensgegenständen. Die Bestimmungen im § 204 Abs. 2 UGB geben darüber Aufschluss, wann eine außerplanmäßige Abschreibung zu erfolgen hat. Hierbei sind wiederum Ausnahmeregelungen zu beachten, zum Beispiel in Bezug auf das Finanzanlagevermögen oder bei der Anwendung der Festwertmethode. In einigen Spezialfällen, wie unter anderem beim Firmenwert (§ 203 Abs. 5 UGB), lassen sich eigene Bestimmungen im UGB finden.
Im ersten Schritt ist zu bestimmen, ob es sich um einen abnutzbaren oder einen nicht abnutzbaren Vermögensgegenstand handelt. Anschließend kann die Schätzung bzw. Festlegung der Nutzungsdauer/Abschreibungsdauer gemäß dem Vorsichtsprinzip erfolgen. Anknüpfungspunkte sind die Ursachen, die für den Wertverzehr verantwortlich sind. In der Fachliteratur wird diesbezüglich auf drei Aspekte verwiesen (vgl. Janschek/Jung, 2010, S. 421f):
- Technische Ursachen: Der Gegenstand verliert stetig an Wert durch aktive Nutzung oder durch Substanzverringerung bis zur Unbrauchbarkeit.
- Wirtschaftliche Ursachen: Technischer Fortschritt oder ein Rückgang der Nachfrage, nach dem produzierten Gut, führen dazu, dass die Nutzung eines Vermögensgegenstandes unrentabel wird.
- Rechtliche Ursachen: Die Festlegung der Nutzungsdauer ist gekoppelt an gesetzliche Bestimmungen oder rechtliche Vereinbarungen, sofern diese befristet sind, andernfalls ist keine Nutzungsdauer festlegbar.
Sollte die Ursachenbestimmung keine zuverlässige Schätzung ermöglichen, wäre der nächste Schritt die Anwendbarkeit von Erfahrungswerten von im Betrieb bereits befindlichen Anlagevermögen, den betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauern, zu prüfen. Ergänzend bzw. alternativ kann im Folgenden auf die amtlichen deutschen Abschreibungstabellen verwiesen werden. Darin werden systematisch im Detail einzelne Vermögensgegenstandsarten genauer beschrieben sowie auf branchenspezifische Aspekte zuzüglich der Angabe der empfohlenen Nutzungsdauern basierend auf branchenweiten Erfahrungswerten eingegangen. In verschiedenen Wirtschaftszweigen werden oftmals Anlagegüter in mehreren Schichten verwendet. Für eine Transportanlage, zum Beispiel, die im 24-Stunden Dauerbetrieb läuft, muss aufgrund des höheren Gebrauchs eine kürzere Nutzungsdauer bestimmt werden. Die AfA-Tabellen bieten auch in diesen Fällen Empfehlungen an. Andernfalls kann der lineare AfA-Satz um einen Mehrschichtzuschlag von 25% (2-Schicht) bzw. 50% (3-Schicht) erhöht werden, sofern der Mehrgebrauch bisher nicht bei der Festlegung der Nutzungsdauer beachtet wurde (siehe nachfolgendes Beispiel). Eine Kürzung der Nutzungsdauer um den gleichen Prozentanteil ist nicht gestattet und die Zuschläge sind nur auf bewegliche und schichtabhängige Anlagegüter anwendbar (vgl. AfA-Tabellen – Allgemeine Vorbemerkungen zu den AfA-Tabellen – Schichtzuschläge, Stand 2001).
Abschreibungsbasis (AB) |
Nutzungsdauer alt (ND in Jahren) | Mehrschichtzuschlag (Z) | AfA-Satz (AfA) |
Nutzungsdauer neu (ND in Jahren) |
|
Berechnung |
= AB / ND x (1+Z) |
=AB /AfA |
|||
Einschicht |
100.000 |
10 | 0% | 10.000 |
10 |
Zweischicht |
100.000 |
10 | 25% | 12.500 |
8 |
Drei-/Vierschicht |
100.000 |
10 | 50% | 15.000 |
6,67 |
Alternativ lässt sich die angepasste Nutzungsdauer anhand folgender Formel berechnen:
Nutzungsdauer (neu) = Nutzungsdauer (alt) / (1 + Mehrschichtzuschlagssatz in %)
Diese Überlegung, ob eine Anpassung der Nutzungsdauer notwendig ist aufgrund eines Mehrschichtbetriebs, muss ebenso u.a. beim Einsatz unter erschwerten Bedingungen erfolgen. Gleichzeitig kann eine Verlängerung der Nutzungsdauer beispielhaft durch eine mangelnde Auslastung festgelegt werden (vgl. Rosarius/Rosarius, 2014, Rz. 4; Rosarius/Rosarius, 2016, Rz. 35ff).
Abschließend sei im Zusammenhang mit der Festlegung der Nutzungsdauer auch auf das VwGH Urteil (27.04.2017, Ra 2015/15/0062) hinzuweisen:
„Die Schätzung obliegt grundsätzlich dem Steuerpflichtigen, der in der Regel über einen besseren Einblick als die Abgabenbehörde darüber verfügt, wie lange sich das von ihm angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut nach seinen Verhältnissen nutzen lässt (vgl. VwGH vom 27. Jänner 1994, 92/15/0127). Die Behörde darf davon abweichen, wenn sich die Schätzung als unzutreffend erweist. Eine Berichtigung ist vorzunehmen, wenn die Abweichung erheblich ist, d.h. die Schätzung der Nutzungsdauer durch den Steuerpflichtigen außerhalb jener Bandbreite liegt, die jeder Schätzung immanent ist (vgl. Doralt, EStG13, § 7 Tz. 49 und 54, sowie die dort angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).“
vgl. Janschek/Jung, §204 UGB in: Hirschler (Hrsg.), Bilanzrecht – Kommentar – Einzelabschluss, Wien: Linde Verlag 2010, S. 418-445;
vgl. Rosarius, L./Rosarius, R. in AfA-Lexikon, ABC der Anlagengüter „Transportanlagen“ – 08/14 – Rz. 4.
vgl. Rosarius, L./Rosarius, R. in AfA-Lexikon, ABC der Abschreibungen „Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung“ – 07/16 – Rz. 35ff.