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Fehlerhafte Generalversammlungsbeschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses und Gewinnausschüttung einer GmbH



Aus Abschlussprüfersicht ist die Bedeutung von fehlerhaften Gesellschafterbeschlüssen iZm Gewinnausschüttungen von großer Relevanz, weil entsprechende Rückforderungsansprüche bestehen können. Insolvenz oder Unternehmensverkäufe können der Auslöser sein, aber auch Gesellschafterstreitigkeiten.

In diesem Beitrag soll eine Zusammenfassung über besondere Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe von Generalversammlungsbeschlüssen dargelegt werden. Das GmbHG kennt keine spezifischen Regelungen darüber, allerdings wird von der hL eine Analogie der aktienrechtlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der GmbH anerkannt (vgl. Reich-Rohrwig/Ginthör/Gratzl (Hrsg): Handbuch Generalversammlung der GmbH, 2. Auflage, Wien 2021, S. 273).

Die Mehrzahl der Beschlussmängel sind anfechtbar (der fehlerhafte Beschluss kommt gültig zustande und erlangt Geltung, ist jedoch durch Anfechtung vernichtbar), wenige (jedoch bedeutsame) nichtig.

Nichtigkeit liegt ua dann vor, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses bzw. darauf basierend die Gewinnverwendung ohne die gebotene Abschlussprüfung beschlossen wurde. Daneben sind Generalversammlungsbeschlüsse nichtig, wenn sie mit dem Wesen der GmbH unvereinbar sind oder durch ihren Inhalt Vorschriften verletzen, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind, oder der Inhalt gegen die guten Sitten verstößt (vgl. Reich-Rohrwig/Ginthör/Gratzl (Hrsg): Handbuch Generalversammlung der GmbH, 2. Auflage, Wien 2021, S. 273f).

Nichtigkeitsgründe iZm der Feststellung des Jahresabschlusses

Unterlassene Abschlussprüfung

Eine rechtswirksame Feststellung des Jahresabschlusses ist bei einer prüfungspflichtigen GmbH erst nach Prüfung und Bestätigung der Ordnungsmäßigkeit (Testat) durch einen Jahresabschlussprüfer möglich. Wird der Jahresabschluss ohne die erforderliche Prüfung festgestellt, ist er nach hA nichtig. Die Nichtigkeit trifft zugleich auch einen auf dem nichtigen Jahresabschluss basierenden Gewinnverwendungsbeschluss und ist nicht heilbar (vgl. Reich-Rohrwig/Ginthör/Gratzl (Hrsg): Handbuch Generalversammlung der GmbH, 2. Auflage, Wien 2021, S. 276).

Bei einem gefassten Gewinnverwendungsbeschluss (Gewinnausschüttung) ohne der gesetzlich erforderlichen Abschlussprüfung besteht daher ein Rückforderungsanspruch der GmbH, welcher von den Geschäftsführern geltend zu machen ist.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die seit dem GesRÄG 2014 neu gefasste Bestimmung des § 221 Abs. 4 UGB, da im Falle der Neugründung und Umgründung – außer bei einer rechtsformwechselnden Umwandlung – die Rechtsfolgen bereits dann eintreten, wenn die Größenmerkmale am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung oder Umgründung vorliegen. Bei Vorliegen der Größenmerkmale einer mittelgroßen Kapitalgesellschaft am ersten Bilanzstichtag nach einer Umgründung bedeutet dies die Verpflichtung zur Abschlussprüfung (vgl. Dokalik/Hirschler: RÄG 2014 – Reform des Bilanzrechts, 2. aktualisierte Auflage, Wien 2016, S. 60ff).

Daher ist darauf zu achten, dass der Gesellschafterbeschluss zur Feststellung des Jahresabschlusses erst nach dem Datum des Testats (Bestätigungsvermerks) erfolgt.

Verstoß gegen Gliederungsvorschriften/Ausweisvorschriften und das Verrechnungsverbot

Gliederungsfehler können nur in Ausnahmefällen Nichtigkeit des Jahresabschlusses begründen, wenn zB auch in Gläubigerinteressen eingegriffen wird.

Verstoß gegen Bewertungsvorschriften

Ein Verstoß gegen Bewertungsvorschriften kann zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses führen, wobei zu differenzieren ist, ob dadurch eine Unter- oder Überbewertung des Gesellschaftsvermögens bewirkt wird.

Werden Aktivposten zu hoch und Passivposten zu niedrig bewertet, liegt eine Überbewertung des Gesellschaftsvermögens vor. Hat eine aus Gläubigersicht relevante Fehlbewertung stattgefunden, folgt daraus die Nichtigkeit des Jahresabschlusses, sofern keine Bagatellverstöße vorliegen.

Bei einer Unterbewertung kann eine Nichtigkeit des Jahresabschlusses nur dann angenommen werden, wenn dadurch die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft völlig verfälscht dargestellt wird.

Anzumerken ist, dass auch der Nichtansatz von Aktiva und Passiva ebenfalls zu einer Fehlbewertung führt.

Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzkontinuität

Eine Nichtigkeitsklage ist auf jene Fälle beschränkt, in denen durch das Abgehen von der bisherigen Darstellungsform oder den bisherigen Bewertungsgrundsätzen keine Verbesserung des Einblicks gewährt wird. Um daraus Nichtigkeit zu folgen, muss ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzkontinuität zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Aussagekraft des Jahresabschlusses führen.

Nichtigkeitsgründe iZm der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung

Nichtigkeit des Jahresabschlusses

Ein Gewinnverwendungsbeschluss ist immer dann nichtig, wenn der dem Gewinnverwendungsbeschluss zugrunde liegende Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses nichtig ist.

Verletzung des Gläubigerschutzes/Unzulässige Einlagenrückgewähr

Gewinnverwendungsbeschlüsse sind auch dann nichtig, wenn deren Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend dem Gläubigerschutz dienen. Dies trifft dann zu, wenn beschlossene Ausschüttungen keine Deckung im Bilanzgewinn haben, gegen Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen (dh im Falle einer unzulässigen Einlagenrückgewähr) oder sonst einem Ausschüttungsverbot (insbesondere § 82 Abs. 5 GmbHG oder § 235 UGB) unterliegen.

Eine detaillierte Abhandlung finden Sie bei Reich-Rohrwig/Ginthör/Gratzl (Hrsg): Handbuch Generalversammlung der GmbH, 2. Auflage, Wien 2021.