Die Berechnung von Gängigkeitsabschlägen basierend auf der Lagerreichweite je Vermögensgegenstand des Vorratsvermögens stellt eine Möglichkeit dar, mit der eine verlässliche Schätzung bzw. Überprüfung des allgemeinen Grundsatzes der vorsichtigen Bewertung gemäß § 201 UGB durchgeführt werden kann. Gängigkeitsabschläge zu berechnen hilft bei der Feststellung von möglichem objektivierten Abwertungsbedarf der Vorräte sowie zu dessen Plausibilitätsprüfung. Nachfolgend werden einige Formeln für die Berechnung vorgestellt, die auf einem Schichtsystem basieren (vgl. Breitbach (1995), Görgen (2015)). Der erste Schritt ist somit die Berechnung des Schichtenzeitraumes. Dieser kann anhand vorhandener Informationen, vorsichtiger Schätzungen oder der Lagerreichweite berechnet werden:
(Schichtobergrenze + Schichtuntergrenze) / 2 = n
Die Lagerreichweite an sich wird wie folgt berechnet:
(Inventurbestand 31.12.) / (Verkaufe Menge im Prüfungsjahr) x 12 = Lagerreichweite im Prüfungsjahr

Die oben angeführte Tabelle soll beispielhaft darstellen, wie die Verteilung der Schichtenzeiträume anhand einer Lagerreichweite von 12 Monaten als Startpunkt aussehen kann. Die Berechnung ist zwar vergleichsweise einfach, es gibt jedoch insbesondere bei der Lagerreichweite ein paar wesentliche Aspekte zu bedenken. Die Berechnung führt beispielsweise zu enorm hohen Lagerreichweiten bei echten Ladenhütern aber auch bei Artikeln, die erst zu Jahresende in das Sortiment genommen wurden. Für Letztere muss vereinfacht unterstellt werden, dass diese gängig sind (vgl. Breitbach (1995)).
Die Berechnung des Gängigkeitsabschlages muss objektiv nachvollziehbar sowie plausibel sein, um einerseits unternehmensrechtlich als auch steuerlich anerkannt werden zu können.
Die folgenden drei Faktoren sind dafür zu beachten und zu ermitteln:
Zukünftige Lagerkosten einer Schicht:
(1 x LagG x n) / (InvG x 2 x 12) = Lagerkosten einer Schicht
LagG = Gesamtlagerkosten pro Jahr, InvG = Inventurwert gesamt
Zukünftige Zinskosten einer Schicht:
(i x n) / (2 x 12) = Zinskosten einer Schicht
i = Zinssatz (Fremdkapital u.a. Darlehen)
Gängigkeitsrisiko einer Schicht:
Das Gängigkeitsrisiko ist branchenspezifisch festzulegen und beinhaltet die Betrachtung diverser Risikofaktoren, wie technische Veralterung, Haltbarkeit (auch Verderb und Verschleiß) und modische Trends. Üblich ist es, mit einem Prozentsatz im unteren 1-stelligen Bereich zu rechnen, wie etwa 3 % bis 5 % und einem Steigerungsfaktor von 0,1 % bis 0,3 %.
(1 + r + S x g)^S – 1 = Gängigkeitsrisiko einer Schicht
r= Risikofaktor in %, S = Schicht, g = Steigerungsfaktor Gängigkeit
Der gesamte Gängigkeitsabschlag für die jeweilige Schicht ergibt sich aus der Summe der drei Komponenten pro Schicht:
Lagerkosten + Zinskosten + Gängigkeitsrisiko
Zusätzlich ist noch zu beachten, dass vom Gesamtabschlag ein etwaiger Prozentsatz für Schrottwerte in Abzug zu bringen ist. Bei einem Schrottwert von 10 % etwa kann sohin der maximale Abschlag nur 90 % des Vorratswertes ausmachen.
Zusammengefasst stellen Gängigkeitsabschläge eine geeignete Möglichkeit dar, den Abwertungsbedarf der Vorräte plausibel und nachvollziehbar zu ermitteln. Sofern die Berechnung objektiv belegbar ist, sollten diese auch steuerlich anerkannt werden. Ohne Nachweis der Lagerdauer, der Gängigkeitsrisiken sowie der Verwertungsrisiken sollte dementsprechend von der Anwendung von Gängigkeitsabschlägen abgesehen werden (vgl. Bertl/Fraberger (1999), Breitbach (1995), Görgen (2015)).
Autor: Christoph Frankl, BSc
Literaturverzeichnis:
Bertl, R./Fraberger, R. (1999): Der Gängigkeitsabschlag. in: RWZ 1999, 10, S. 312 ff. ; Breitbach, J. (1995): Prüfung der Vorräte mit PC-Unterstützung. in: Die Wirtschaftsprüfung, 48 (22), S. 745 ff. ; Görgen, DStR 2015, 2250