Backbene

Sanierungsinstrumente für Konzerngesellschaften



Für Konzerne kann die Insolvenz einer einzelnen Konzerngesellschaft einschneidende Folgen haben. Die Krisensituation einer Konzerngesellschaft iSd § 244 UGB kann den gesamten Konzern gefährden und wirtschaftlichen Schaden bedeuten: Abwertung von Beteiligungsansätzen, Garantien oder Patronatserklärungen werden fällig, Synergien gehen verlustig und schlussendlich nimmt die Reputation Schaden.

Bevor Sanierungsmaßnahmen starten, sind Vorarbeiten notwendig (vgl. Ruhm ua: Der Konzern im Gesellschafts- und Steuerrecht, Wien 2023, S. 188):

  • Prüfung der aktuellen Lage der Gesellschaft: insbesondere das Vorliegen von Insolvenzantragsgründen oder (andere) vorgelagerte gesetzliche Krisentatbestände (Verlust der Hälfte des Stammkapitals, Nicht-Erfüllung der URG-Kriterien gemäß URG bzw. ReO) verwirklicht sind;
  • Prüfung der Unternehmensdaten auf Aktualität und Richtigkeit;
  • Ursachen- und Faktorenanalyse, welche zur Sanierungssituation geführt haben (die größte Hürde ist das Eingeständnis von Fehlern);
  • Überprüfung der steuerlichen Auswirkungen zur Vermeidung unerwünschter steuerlicher Effekte.

Folgende finanzwirtschaftliche Sanierungsinstrumente können aus Sicht eines Konzerns angewandt werden (vgl. Ruhm ua: Der Konzern im Gesellschafts- und Steuerrecht, Wien 2023, S. 192ff):

  • Eigenkapitalzufuhr
    • Ordentliche/Effektive Kapitalerhöhung: Erhöhung des Stammkapitals gemäß § 52 GmbH und tatsächliche Zuführung neuer Finanzmittel;
    • Nominelle Kapitalerhöhung: Erhöhung des Stammkapitals aus bestehenden Gesellschaftsmitteln gemäß Kapitalberichtigungsgesetz (keine Zuführung neuer Finanzmittel und daher zur Beseitigung einer Liquiditätskrise nicht geeignet);
    • Voreinzahlung auf eine Kapitalerhöhung: hier ist besonders auf die korrekte Durchführung zu achten, damit für die Gesellschafter die Tilgungswirkung der Kapitalerhöhung gewährt werden kann (wenngleich höchstgerichtliche Rechtsprechung diesbezüglich in Österreich fehlt, bietet der deutsche BGH eine gute Indikation: Laut BGH haben Voreinzahlungen auf die künftige Kapitalerhöhung schuldtilgende Wirkung, wenn der eingezahlte Betrag im Zeitpunkt des Erhöhungsbeschlusses und der Übernahme- bzw. Zeichnungserklärung im Vermögen der Gesellschaft zweifelsfrei vorhanden ist. Daher ist darauf zu achten, dass derartige Vorauszahlungen auf eigens eingerichtete Konten übertragen werden).
    • Sacheinlage und Debt Equity Swap: Bei einem Debt Equity Swap werden fällige Verbindlichkeiten in Eigenkapital umgewandelt (zB für Beseitigung der Überschuldung); zu beachten ist jedoch, dass es sich um vollwertige Forderungen des (Gesellschafter-)Gläubigers gegen die Gesellschaft handelt, d.h. der Schuldner ist in der Lage diese vollständig zu erfüllen. Bei Vorliegen einer vollwertigen Forderung steht der Einbringung gemäß § 63 Abs. 3 GmbHG bzw. § 60 AktG nichts im Wege.
    • Vereinfachte Kapitalherabsetzung: diese wird herangezogen, um einen ansonsten auszuweisenden Bilanzverlust abzudecken, wobei das Verfahren der vereinfachten nominellen Kapitalherabsetzung zwingend einzuhalten ist (vgl. § 59 GmbHG);
    • (Vereinfachter) Kapitalschnitt: kombiniert die gleichzeitige Durchführung einer vereinfachten Kapitalherabsetzung mit einer ordentlichen Kapitalerhöhung. Der Gesellschaft werden neben der buchmäßigen Sanierung auch neue Eigenmittel zur Verfügung gestellt und kann zusätzlich zur Ausgabe neuer Anteile (für neue Investoren) genutzt werden;
  • Verschmelzung (Sanierungsfusion): verschmelzungsfähig sind grundsätzlich nur Gesellschaften, die einen positiven Verkehrswert aufweisen; das Verbot der Unter-pari-Emission ist auch bei der Sanierungsfusion einzuhalten;
  • Gesellschafterdarlehen: zur raschen Liquiditätsbereitstellung geeignet, wobei die Drittüblichkeit und Marktüblichkeit der Konditionen zu beachten ist; bei der Fremdfinanzierung über eine bonitätsstärkere Muttergesellschaft kann die Darlehensaufnahme mit Vermögen der Tochtergesellschaft besichert werden. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass Darlehensrückzahlungen der Tochtergesellschaft (an die Muttergesellschaft) zwingend zur Tilgung des Bankobligos zu verwenden. Andernfalls könnte die Tochtergesellschaft doppelt haften und zwar einerseits durch die Darlehensrückzahlung und andererseits durch die Sicherheit zugunsten Dritter. In Österreich ist ergänzend das Eigenkapitalersatzgesetz zu beachten.
  • Forderungsverzicht mit Besserungsvereinbarung: der Forderungsverzicht wird um eine auflösende Bedingung ergänzt, dass der Forderungsverzicht bei Verbesserung der Vermögensverhältnisse – insbesondere bei künftigen Gewinnen – entfällt.
  • Ausgewählte Sanierungsbeiträge Dritter:
    • Sanierungskredit: Aufrechterhaltung (Ausweitung) der bestehenden Kreditlinien
    • Factoring