Mit VwGH-Erkenntnis vom 17.11.2022, Ra 2021/15/0053-9 wurde die Möglichkeit der Übertragung von stillen Reserven bei Privatstiftungen gem § 13 Abs 4 KStG eingeschränkt.
In dem zugrundeliegenden Sachverhalt erwarb eine Privatstiftung 100% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft. Am Tag des Anteilserwerbes wurde bei dieser Kapitalgesellschaft eine ordentliche Kapitalerhöhung beschlossen, im Zuge der ein Agio zugesagt wurde. In der Folge sollte eine Übertragungsrücklage gem § 13 Abs 4 KStG auf die gesamten Anschaffungskosten inkl. Kapitalerhöhungsbetrag und Agio übertragen werden.
Der VwGH verneinte eine Übertragbarkeit der stillen Reserven nach § 13 Abs 4 KStG auf Kapitalerhöhung und Agioleistung. Voraussetzung für die Übertragung von stillen Reserven ist der Erwerb einer „zusätzlichen“ Beteiligung in Höhe von mehr als 10%. Der VwGH führte aus, dass bereits durch den Erwerbsvorgang ein 100%iges Beteiligungsverhältnis hergestellt wurde und Kapitalerhöhung und Agioleistung daher nicht zu einem Erwerb von „neuen“ Anteilen iSd § 13 Abs 4 KStG führten. Da das Agio nicht im Ausgleich der Beiträge der verschiedenen Gesellschafter der Kapitalgesellschaft seine Ursache hat, könne laut VwGH auch keine Übertragung stiller Reserven erfolgen.
Das Erkenntnis überrascht, weil es sowohl den ausdrücklich gegenteiligen Überlegungen in Rz 117 StiftungsRL wie auch den Gesetzesmaterialien zu § 13 Abs 4 Z 1 letzter Satz KStG idF AbgSiG 2007, ErläutRV 270 BlgNr 23. GP, widerspricht.
Die Rechtsansicht des VwGH ist somit wesentlich restriktiver als die bisherige Verwaltungspraxis. Die Schlussfolgerungen für zukünftige Übertragungen von stillen Reserven und die Auswirkungen auf Fälle, in denen vor diesem Erkenntnis stille Reserven auf Kapitalerhöhungen und Agioleistungen bei 100%igen Töchtern übertragen wurden, bleibt abzuwarten.
Autorin: WP/Stb Joana Schlager LLM.oec., 8.2.2023