Komponenten des Finanzstatus
Im vorhergehenden Artikel wurden die grundlegenden Definitionen des neuen Fachgutachten KFS/BW 7 „Zahlungsunfähigkeit“ vom 10. April 2019 dargestellt. Im 2. Teil sollen die Komponenten des Finanzstatus erläutert und die rechnerische Aufbereitung dargestellt werden.
Die Komponenten des Finanzstatus (Stichtagsbetrachtung) zur Zahlungsunfähigkeitsprüfung setzen sich aus
- bereite Zahlungsmittel und
- fällige Schulden
zusammen.
Unter „bereite“ oder „parate“ Zahlungsmittel versteht man nach der Judikaturlinie des OGH (vgl. Rz 47 ff KFS/BW 7)
- liquide Zahlungsmittel
- Bargeld,
- Buchgeld,
- offene Kreditlinien und (oder)
- leicht und kurzfristig verwertbares Vermögen
- (gedeckte) Schecks und Wechsel sowie
- kurzfristig veräußerbare Wertpapiere und Edelmetalle.
Der Begriff kurzfristig verwertbares Vermögen wird in der Stichtagsbetrachtung eng interpretiert. Hingegen können Wertpapiere, Forderungen (Forderungen sind, selbst wenn sie bereits fällig sind und ihre Einbringlichkeit bejaht werden kann, in der Regel nicht mit bereiten Zahlungsmitteln im Finanzstatus gleichzusetzen!), Vorräte, Liegenschaften, Schmuck, Kunstwerke oder erst zu verhandelnde Kreditrahmen nicht berücksichtigt werden. Als bereite Zahlungsmittel scheiden auch Bankguthaben im Ausland, deren Transferierung wegen einholender Genehmigungen (z.B. Devisenhandel) oder aus anderen Gründen nicht binnen weniger Geschäftstage oder bis auf weiteres überhaupt unmöglich ist, aus. Ebenso können verpfändete Wertpapiere, auch wenn diese an der Wiener Börse gehandelt werden, nicht den bereiten Zahlungsmittel zugeordnet werden. Forderungen im Rahmen eines Cash-Pooling-Systems dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn wie über eigene Bankguthaben oder offene Kreditlinien verfügt werden kann. Nur im Finanzplan (nicht jedoch im Finanzstatus) dürfen Forderungen aus Ausstattungszusagen oder Patronatserklärungen, die dem Unternehmen das Zuführen von Liquidität versprechen, berücksichtigt werden.
Bei den fälligen Schulden geht es um Geldschulden („finanzielle Verbindlichkeiten“ – vgl. OGH, 5.4.1989, 1 Ob 526/89). Die Fälligkeit der meisten Verbindlichkeiten ergibt sich klar aus
- vertraglichen Vereinbarungen,
- gesetzlichen Bestimmungen,
- Bescheiden,
- gerichtlichen Entscheidungen oder
- Angaben des Gläubigers (vor allem im Rahmen der Rechnungslegung).
Trotz Fälligkeit nicht zu berücksichtigen sind
- vom EKEG erfasste Verbindlichkeiten (soweit ihre Bezahlung nach §§ 14 – 16 EKEG nicht gefordert werden kann),
- Verbindlichkeiten für die ein Rangrücktritt (zB im Sinne des § 67 Abs. 3 IO) und
- Verbindlichkeiten für die ein Moratorium erklärt wurde.
Als nicht fällig werden im Finanzstatus
- prozessverfangene und andere strittige Verbindlichkeiten sowie
- einvernehmliche Stundungen (besondere Beurteilung konkludenter Stundungen bzw. branchenüblicher Tolerenz – siehe Rz 57 f KFS/BW 7).
Die Zahlungsunfähigkeitsüberprüfung kann nach Empfehlung KFS/BW 7 wie folgt aufbereitet werden:

Die Frist und die Wahrscheinlichkeit zur Wiederherstellung der vollen Zahlungsfähigkeit ist grundsätzlich im Einzelfall zu beurteilen, wobei folgende Richtschnur hilfreich ist:
Je einfacher der Fall, desto kürzer die Frist (ca. 3 Wochen), je komplexer der Fall desto länger die Frist (ca. 2 bis 3 Monate; bei 5 Monaten muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Beseitigung der Liquiditätsschwäche gegeben sein).
Im Normalfall wird durch den OGH (vgl. Rz 63 KFW/BW 7) eine hohe Wahrscheinlichkeit verlangt. Daraus lässt sich schließen, dass je länger der Zeitraum ist, der für die Wiederherstellung der vollen Zahlungsfähigkeit prognostiziert wird, desto höher muss die Wahrscheinlichkeit sein, dass dieses Ziel erreicht wird.