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Die unternehmensrechtliche Bilanzierung von Derivaten als Bewertungseinheit – Hedge Accounting



Bei der Bilanzierung von Derivaten ist der Grundsatz der Einzelbewertung heranzuziehen (§ 201 Abs 2 Z 3 UGB), wobei nur unter bestimmten Bedingungen die Bildung einer Bewertungseinheit mit einem abgesicherten Grundgeschäft zulässig ist.

Die Bildung von Bewertungseinheiten ist an strenge formelle und materielle Voraussetzungen geknüpft, mit denen die Voraussetzungen des § 201 Abs 3 UGB nachgewiesen und entsprechend den Anforderungen des § 190 UGB zeitgerecht und vollständig aufgezeichnet werden.

Formell setzt die Bildung einer Bewertungseinheit eine dokumentierte Widmung zu Beginn der Sicherungsbeziehung voraus, welche

  • das abzusichernde Risiko identifiziert,
  • der Beginn der Sicherungsbeziehung festgelegt und
  • das Vorliegen aller materiellen Voraussetzungen nachvollziehbar begründet wird.

Materiell setzt die Bildung einer Bewertungseinheit folgendes voraus:

  • die qualitative Eignung des abgesicherten Grundgeschäfts,
  • das Vorliegen eines Absicherungsbedarfs,
  • das Bestehen einer Absicherungsstrategie und
  • die qualitative Eignung des Derivats als Sicherungsinstrument.

Nur jene Derivate sind zur Absicherung geeignet, die mit externen Gegenparteien abgeschlossen wurden und in Bezug auf das zu sichernde Risiko die Wertänderungen des Grundgeschäfts vollständig oder weitgehend ausgleichen. Im Rahmen der Widmung sind die folgenden Umstände zu dokumentieren und nachvollziehbar zu begründen:

  • Wird die Sicherungsbeziehung vollständig oder weitgehend effektiv sein (prospektiver Effektivitätstest)?
  • Welche Methode der (retrospektiven) Effektivitätsmessung wird eingesetzt?

Beide Methoden des Effektivitätstests dienen dazu, um eine quantitative Aussage über die kompensierende Wirkung des Sicherungsinstruments zu treffen. Beträgt die voraussichtliche (aber auch die retrospektiv beobachtbare) Wertänderung des Derivats zwischen 80% und 125% der durch das abgesicherte Risiko verursachten gegenläufigen Wertänderungen des  Grundgeschäfts, ist dies ein Indiz für eine weitgehend effektive Sicherungsbeziehung.

Bilanzierung Fair Value Hedge

Bei einem Fair Value Hedge werden bilanzierte Vermögenswerte oder Verpflichtungen oder nicht bilanziell erfasste feste Verpflichtungen oder Teile davon gegen Fair-Value­Änderungen abgesichert, die auf ein bestimmtes Risiko zurückzuführen sind und das Nettoergebnis des Unternehmens berühren.

Zum Bilanzstichtag ist anhand der im Vorhinein festgelegten Methode zu ermitteln und angemessen zu dokumentieren, ob die Sicherungsbeziehung tatsächlich vollständig oder weitgehend effektiv war (retrospektiver Effektivitätstest). Dies trägt auch zur Beurteilung bei, ob die Sicherungsbeziehung auch weiterhin prospektiv als effektiv erachtet werden kann. Nur in diesem Fall ist das Derivat (weiterhin) als Bestandteil einer Bewertungseinheit anzusehen. Eine sich in retrospektiver Betrachtung ergebende Ineffektivität ist in Höhe des negativen beizulegenden Zeitwerts des ineffektiven Anteils des Derivats als Drohverlustrückstellung zu erfassen.

Liegt eine Bewertungseinheit vor, ist das Derivat am Bilanzstichtag nicht gesondert zu bewerten; Bewertungsobjekt ist vielmehr das abgesicherte Grundgeschäft zusammen mit dem Derivat. So ist zB für die Bewertung von Fremdwährungsforderungen und Fremdwährungsverbindlichkeiten, deren Wechselkurs mit einem Devisentermingeschäft vollständig abgesichert wird, der vereinbarte Terminkurs maßgeblich.

Ist aus dem abgesicherten Grundgeschäft aufgrund der darauf anzuwendenden Bewertungsbestimmungen ein Verlust zu erfassen, ist dabei die gegenläufige Wertentwicklung des Derivats (Gewinn) zu berücksichtigen. Eine kompensierende Bewertung ist allerdings nur insoweit zulässig, als die Sicherungsbeziehung effektiv ist; der ineffektive Teil darf nicht berücksichtigt werden.

Bilanzierung eines Cashflow Hedge

Bei einem Cashflow Hedge werden Schwankungen von Zahlungsströmen abgesichert.

In manchen Fällen schließen Unternehmen Derivate ab, um damit einen variablen Zahlungsfluss nach dem Abschlussstichtag abzusichern. Sofern nicht eine Bewertungseinheit entsprechend den obigen Ausführungen zulässig ist, darf keine Bewertungseinheit gebildet werden. Hat das Derivat daher einen negativen beizulegenden Zeitwert, ist dieser durch eine Drohverlustrückstellung zu erfassen.

Ist aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit und dokumentiert von einem gegenläufigen erfolgswirksamen Cashflow aus einem Geschäft auszugehen, kann dieser bei der Bemessung des Drohverlustes berücksichtigt werden. Der gegenläufige erfolgswirksame Cashflow muss

  • aus einem spätestens im Aufstellungszeitpunkt abgeschlossenen Vertrag resultieren, an dessen rechtlichem Bestand und an dessen Erfüllung keine Zweifel bestehen, oder
  • aus einem im folgenden Geschäftsjahr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abzuschließenden Vertrag resultieren, an dessen zukünftigem rechtlichen Bestand und an dessen Erfüllung keine Zweifel bestehen.

Es darf in beiden Fällen keine Zweifel am gegenläufigen erfolgswirksamen Cashflow in Folgeperioden geben.

Die negativen beizulegenden Zeitwerte von Derivaten, die aufgrund der obigen Ausführungen nicht in der Bilanz erfasst wurden, sind im Anhang gesondert anzugeben, und es ist zu begründen, warum und inwieweit auf die Bildung einer Drohverlustrückstellung verzichtet wurde (vgl. Wolf: Die unternehmensrechtliche Bilanzierung von Derivaten, DJA 1/2023, S. 7f).